Karneval als harte Arbeit



IV. Deutsche Meisterschaften im Gardetanzsport -Karnevalistischer Tanzsport-


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Koblenz – Karneval kann auch auch harte Arbeit sein. Zumindest für diejenigen, die eine Büttenrede vortragen, einen Sketch vorführen oder für das Publikum tanzen. Mit welcher Professionalität die ehrenamtlichen Jecken an ihre Aufgabe gehen, bewiesen sie am Wochenende in der Koblenzer Großsporthalle Oberwerth. Bei den IV. Deutschen Meisterschaften im Garde- und Schautanz kamen knapp 1300 Aktive zusammen.



Deutsche Meisterschaft im Tanzsport 2009
Mehr als 70 Gruppen aus mehreren Bundesländern traten gegeneinander an.
Gekämpft wurde in zwölf Disziplinen sowie in den Altersklassen Kinder, Junioren sowie Senioren. Die letzte Kategorie umfasst die Altersgruppe 16 bis 40 Jahre. „Gerade bei den Kindern und Junioren werden die Tänze immer anspruchsvoller“, sagt Peter Müller, Präsident des Veranstalters RKK. Dem Verband der Rheinischen Karnevals-Korporationen mit Sitz in Koblenz gehören mehr als 1000 Vereine mit mehr als einer halben Million Aktiven an. „Der Garde- und Schautanz ist zum Leistungssport geworden“, meint Müller. Es gebe zwar auch Gruppen, die nur zum Spaß bei Karnevalssitzungen auftreten, doch immer mehr hätten auch die Turniere fest im Blick.

Geachtet wurde in der Sporthalle Oberwerth darauf, ob die Kleidung zusammenpasst und die Choreographie exakt ausgeführt wird. Wem beim Tanz etwa ein Hut herunterfällt, muss mit einem Punktabzug rechnen. Jeder Auftritt ist also für die Teilnehmer immer wieder aufs Neue eine große Herausforderung ­ und besonders für Jaqueline Schilling. Nicht nur, dass die 15-Jährige im ersten Jahr bei ihrem Verein, der KG Eulenspiegel Aachen, aktiv und schon bei der Meisterschaft dabei ist. Die blinde Jugendliche muss sich auf ihre anderen Sinne verlassen – und noch stärker auf das eigene Team.

Wer nicht weiß, dass Jaqueline Schilling sehbehindert ist, würde es beim Auftritt nicht merken. Nachdem sie zuvor die Bühne abgegangen ist, reiht sie sich ohne Probleme in die Gruppe der Funkenmariechen ein, führt die Bewegungen so exakt wie alle anderen aus und tut dies stets mit einem Lächeln. Von der Leistung des Teams sind auch die Juroren so angetan, dass die Mädels der Tanzgarde in der Kategorie III Vizemeister werden. Über den Erfolg freuen sie sich riesig, und auch Trainerin Nicole Dincer sowie Cornel Thevis, Präsident der KG, sind stolz auf ihre Mannschaft. Gerade für Nicole Dincer ist die Arbeit mit Jaqueline aber auch eine Herausforderung, denn sie muss beim Training mehr erklären als vorher. Die Anforderungen für Jaqueline werden in der Gruppe nicht heruntergeschraubt – das war auch ihr von Anfang an klar. Doch das hat die 15-Jährige so selbstbewusst akzeptiert wie sie über ihre Blindheit spricht. Während ihr linkes, von Krebs befallenes Auge schon früh nach der Geburt entfernt wurde, konnte sie auf dem rechten zumindest noch bis zu ihrem sechsten Lebensjahr ein wenig sehen.

Trotzdem tanzte das Mädchen als Kind Ballett ­ und bei der KG mitwirken zu dürfen war schon lange ihr Traum. „Ich hatte nicht gedacht, dass mich die Gruppe so gut aufnimmt“, sagt Jaqueline. Doch inzwischen ist sie ein fester Teil des Teams, das ihr die Unterstützung gibt, die sie braucht.


Christian Kirstges (dpa)
Foto: Thomas Frey (Frey-Pressebild)